Gesunde und agile Führung – Teil 2 So gelingt eine gesunde und motivierende Führung

Autor / Redakteur: Prof. Dr. med. Joachim E. Fischer / Georgina Bott

Wie lassen sich in Zeiten von VUCA der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens miteinander in Einklang bringen? „FreuSinn“ ist ein zentraler Faktor für eine gesunde und motivierende Führung. Doch was genau ist damit gemeint?

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„FreuSinn“ – also Freude und Sinnhaftigkeit – ist ein zentraler Faktor für eine gesunde und motivierende Führung.
„FreuSinn“ – also Freude und Sinnhaftigkeit – ist ein zentraler Faktor für eine gesunde und motivierende Führung.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Wir sind uns sicher alle einig darin, dass den Führungskräften eine zentrale Rolle zukommt, wenn es um die Förderung von Gesundheit und Produktivität der Mitarbeiter geht. Zugleich muss sich das auch betriebswirtschaftlich für das Unternehmen rechnen. Unbestritten ist auch, dass besonders in Betrieben mit einem hohem technischen Digitalisierungsgrad und einer ausgeprägten Projektorganisation Handlungsbedarf besteht. Das Top-Management sowie das untere Management sind hier besonders in der Pflicht, Gefährdungen frühzeitig zu identifizieren, um einem hohen Krankenstand, Burnout durch permanente Überforderung und einem hohen Stress-Level entgegenzuwirken. Der Schlüssel dazu ist die „Kultur der Prävention“ und die ist mehr als der Veggie-Tag in der Kantine, das Bereitstellen von Desinfektinsmitteln in der Grippezeit oder die Rückenschule.

Freude steigert die Produktivität

Dass Arbeit nicht zwangsläufig krankt macht, sondern einen vitalisierenden, ja sogar einen vergleichbar lebensverlängernden Effekt auf die menschliche Psyche haben kann wie Sport, ist inzwischen nachgewiesen. Der Allgemeinzustand von Langzeitarbeitslosen bessert sich in der Regel schlagartig, sobald sie eine Arbeit aufnehmen. Auch Menschen, die nicht zwangsweise in Rente gehen müssen, sondern freiwillig länger arbeiten dürfen und sich nützlich fühlen, leben erfahrungsgemäß länger als regulär Verrentete. Denn der betrieblichen Gesundheits- und Motivationsförderung kommt es nicht zuletzt auch auf weiche Faktoren an: die Wertschätzung des Vorgesetzten, die Möglichkeit, ein erfülltes Familienleben zu führen (Work-Life-Balance), einen sicheren Arbeitsplatz und eine sinnhafte Tätigkeit.

Hätten Sie gedacht, dass wertschätzende Anerkennung vom Chef bis zu Wochen positiv auf die Psyche des Mitarbeiters nachwirkt? Die Bedeutung – auch für das Unternehmensergebnis – dieser sogenannten weichen Faktoren sind viel zu lange unterschätzt worden. Nimmt man die Befunde aus neueren wissenschaftlichen Untersuchungen ernst, sollten Unternehmen viel stärker hinterfragen, wie stark bei ihnen der „Freusinn“ -Faktor ausgeprägt ist.

Psychische Gesundheit als Wertschöpfungsfaktor

Wecken unsere Vorgesetzten Begeisterung für das Unternehmen oder Projekt? Unterstützten sie das Team und behandeln sie alle gerecht? Spenden sie ausreichend Lob, Anerkennung und Wertschätzung? Stehen Arbeitsplatzsicherheit, Entwicklungschancen und Lohn in einem guten, angemessenen Verhältnis? Gehört der Verzicht auf Herabwürdigung zur Kultur im Unternehmen?

Wenn nur einige Fragen mit Nein zu beantworten sind, ist Handlungsbedarf angesagt. Denn medizinische Gründe erklären den schlechten gesundheitlichen Zustand vieler Mitarbeiter nur teilweise. Den Löwenanteil machen psycho-soziale Faktoren aus. Mit zehn Prozent mehr Gesundheit erreichen Organisationen gerade mal ein Prozent mehr Produktivität, bei Menschen mit zehn Prozent mehr Freude und Sinnhaftigkeit steigert sich die Produktivität hingegen um fünf Prozent. Umgekehrt gilt: Ein schlechtes Betriebsklima wirkt sich negativ auf die Gesundheit der Mitarbeiter aus. Defizite in der Unternehmenskultur steigern Krankenstände und Personalfluktuation und verschaffen der Konkurrenz ungewollt Wettbewerbsvorteile. Erkranken Mitarbeiter an Depression oder Burnout, sollten Führungskräfte und Top-Manager das viel ernster nehmen und durchaus selbstkritisch die Gestaltung der Arbeitsbedingungen bis hin zum eigenen Führungsstil hinterfragen.

Als erheblicher Wertschöpfungsfaktor kann die psychische Gesundheit der Mitarbeiter heute nicht hoch genug bewertet werden, Führungskräfte können als Gestalter von oder Pflegekräfte für Betriebsklima und erlebte Sinnhaftigkeit einen erheblichen Beitrag dazu leisten. Wer bei klassischen Angeboten der Gesundheitsförderung für Einzelpersonen stehen bleibt, schöpft die Potenziale eines ganzheitlichen Gesundheitsmanagements nicht aus.

Prof. Dr. med. Joachim E. Fischer ist Direktor des Mannheimer Instituts für Public Health an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg.
Prof. Dr. med. Joachim E. Fischer ist Direktor des Mannheimer Instituts für Public Health an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg.
(Bild: © Anja-Yorikke Heitkamp)

Über den Autor

Prof. Dr. med. Joachim E. Fischer ist Direktor des Mannheimer Instituts für Public Health an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg. Außerdem ist er Speaker der Reihe „TÜV Rheinland Dialog Mensch & Gesundheit“. Unter dem Motto „Gesund, motiviert und qualifiziert“ ist TÜV Rheinland mit über 70 Standorten die erste Adresse für Sicherheit, Gesundheit und lebenslanges Lernen am Arbeitsplatz. Mit umfassenden Angeboten zur Arbeitssicherheit und Qualifizierung der Menschen leistet TÜV Rheinland einen wichtigen Beitrag dazu, dass der Einzelne ebenso wie Organisationen die digitale Transformation meistern und ihre Chancen nutzen können.

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